Filmarchiv
Schönecker
Köln


Die Sammlung Leo Schönecker

Ein Filmprogramm mit Filmen aus dem Archiv Schönecker


02. März – 14. Dezember 2024
18. März – 16. Dezember 2023
10. März – 17. Dezember 2022
23. Januar – 18. Dezember 2021
25. Januar – 12. Dezember 2020
19. Januar – 14. Dezember 2019
25. Januar – 13. Dezember 2018
9. Juni – 17. Dezember 2017


PDF-Download Filmprogramm (3.8 MB)


Veranstalter


Edith Schönecker, Julia Schönecker-Roth, Joachim Steinigeweg


Kontakt


Joachim Steinigeweg
Alteburger Str. 113
50678 Köln


Veranstaltungsorte


Filmforum im Museum Ludwig
Bischofsgartenstr. 1
50667 Köln
www.filmforumnrw.de

Traumathek
Engelbertstraße 45
50674 Köln
www.traumathek.de


Eintritt


7,00 € / 6,00 € ermäßigt
Karten an der Kinokasse


Vorwort


Weitgehend unbekannt in der Öffentlichkeit existiert in Köln eine Filmsammlung, die hohen Wert auf die Qualität der enthaltenen Filme legt und einen weiten Überblick über das internationale Filmschaffen bietet. Seit Mitte der Fünfziger Jahre engagierte sich der Kölner Leo Schönecker nicht nur in Arbeitskreisen und Diskussionsrunden zu filmthematischen Fragen, sondern er begann, selbst Filme zu sammeln, vorzuführen und zu verleihen. Seine Sammlung wurde bis zu seinem Tod im Jahr 2013 beständig fortgeführt und erweitert.

Unter Filmkennern und Kuratoren war die Sammlung bekannt, gerne griff man auf die Bestände dort zurück. Insgesamt enthält das Archiv rund 1.200 Filme, meistens im Format 16 mm, etliche im Format 35 mm. Neben bekannten Titeln finden sich in der Sammlung seltene und unbekannte Filme, die selten öffentlich vorgeführt wurden.

Um dies nachzuholen, setzen wir nun schon im sechsten Jahr die Filmreihe zur Sammlung Leo Schönecker an zwei Spielstätten fort, im Filmforum im Museum Ludwig und in der Traumathek. Im Programm sind einige Klassiker der Filmgeschichte, die es lohnt, immer wieder anzusehen, aber auch Raritäten. Die Vorführungen werden von Referenten begleitet, die in den Film einführen.

In den Kinos hat seit einigen Jahren die Digitalisierung Einzug gehalten. Eine Vorführung von „richtigem“ Zelluloid hat inzwischen Ereignischarakter. Bei der Vorführung von Zelluloid gibt es Artefakte, die jede Kopie einzigartig machen. Es sind dies Gebrauchsspuren wie Schmutzpartikel, Kratzer, Bildstandsbewegungen etc. In jede Filmkopie ist somit auch die Geschichte ihrer Aufführungen mit eingeschrieben. Auch diesen Aspekt wollen wir vorstellen und die Vor- und Nachteile digitaler und analoger Vorführungen sichtbar machen.

Wir danken dem Kulturamt der Stadt Köln für die Förderung unserer Filmreihe.


Programm


▾ ▸ Donnerstag, 10. März 2022, 20 Uhr, Traumathek: Frank Beyer, „Nackt unter Wölfen“
„Nackt unter Wölfen“
DDR 1963, Regie: Frank Beyer, 116 Min., 16 mm

Im Frühjahr 1945 kommt der Pole Jankowski mit einem Transport ins Konzentrationslager Buchenwald. Er trägt einen Koffer bei sich, den er nicht aus der Hand geben will. Als die Häftlinge ein Kind darin entdecken, stehen sie vor einer schweren Entscheidung. Das Kind im Lager zu verbergen, ist nicht nur äußerst schwierig, es gefährdet auch die Arbeit einer illegalen Widerstandsgruppe. Unter Einsatz ihres Lebens retten sie schließlich das Kind vor der Vernichtung.

Frank Beyer verfilmte das 1958 veröffentlichte Buch von Bruno Apitz „Nackt unter Wölfen“ 1963 für die DEFA. Apitz war selbst acht Jahre lang KZ-Häftling. Sein Roman beruht auf eigenen Erlebnissen und auf der Geschichte des mit drei Jahren nach Buchenwald gebrachten Stefan Jerzy Zweig, die er allerdings nur vom Hörensagen kannte und in wesentlichen Punkten von den tatsächlichen Ereignissen abweichend darstellte.
▾ ▸ Samstag, 19. März 2022, 20 Uhr, Filmforum im Museum Ludwig: Werner Herzog, „Wo die grünen Ameisen träumen“
„Wo die grünen Ameisen träumen“
Deutschland 1984, Regie: Werner Herzog, 96 Min., 16 mm

Inmitten der kargen Wüste Australiens führt eine Mining Company auf der Suche nach wertvollem Uran Bohrungen und Sprengungen durch. Endlose Haufen aufgewühlter Erde türmen sich bis zum Horizont. Doch die Ureinwohner stellen sich den Arbeiten stoisch und mahnend entgegen, denn das Land ist ihnen heilig. Es ist der Ort, an dem die grünen Ameisen träumen und den Menschen das Feuer gebracht haben – ein Mythos der Schöpfung, den die Urstämme mit ihren Legenden und Liedern pflegen, unbegreiflich für die ungeduldigen Zivilisten. Lediglich der Geologe Hackett bemüht sich um Verständnis und Kompromiss in nachdenklichen aber auch humoristisch-satirischen Szenen. Ein groteskes Gerichtsverfahren entscheidet schließlich im Namen des Commonwealth zugunsten des wirtschaftlichen Fortschritts.

Werner Herzog mischt Fiktion und Fakten, denn schon seit den 1960er Jahren kämpfen die australischen Ureinwohner gegen die Bergbauaktivitäten in ihrem Land. Den Stammesältesten im Film spielt der damals führende Aktivist, Maler und Komponist Wandjuk Marika, der auch die wunderbare Filmmusik komponierte.
▾ ▸ Donnerstag, 07. April 2022, 20 Uhr, Traumathek: Manfred Wekwerth/Peter Palitzsch, „Mutter Courage und ihre Kinder“
„Mutter Courage und ihre Kinder“
DDR 1961, Regie: Manfred Wekwerth/Peter Palitzsch, 151 Min., 16 mm

Die Marketenderin Anna Fierling, genannt Mutter Courage, zieht mit ihrem Planwagen und ihren drei Kindern während des Dreißigjährigen Krieges quer durch das Land und riskiert dabei, zwischen die Fronten zu geraten. Sie will am Krieg verdienen, verliert aber nacheinander ihre Kinder - erst die beiden Söhne und schließlich auch die taubstumme Tochter Kattrin, als diese die Bewohner von Halle mit lauten Trommeln vor dem feindlichen Einmarsch warnt. Verhärtet aber unverdrossen spannt Anna ihren Karren an und zieht weiter mit dem Krieg.

Der Film adaptiert Bertolt Brechts Inszenierung am Berliner Ensemble aus dem Jahr 1949. Brecht selbst hatte schon früh nach Möglichkeiten gesucht, sein Konzept des epischen Theaters auf den Film zu übertragen. Eine von Wolfgang Staudte 1955 geplante Verfilmung des Stückes scheiterte nach wenigen Drehtagen an Einsprüchen von Brecht und Helene Weigel. 1959 engagierte die DEFA Manfred Wekwerth und Peter Palitzsch erneut für eine filmische Umsetzung, der es gelingt, mit technischen Verfremdungsmöglichkeiten
den Chronikcharakter des Theaterstücks hervorzuheben.
▾ ▸ Samstag, 23. April 2022, 20 Uhr, Filmforum im Museum Ludwig: Yılmaz Güney/Şerif Gören, „Yol – The Full Version“
„Yol – The Full Version“
Türkei, Schweiz, Frankreich 1982/2017, Regie: Yılmaz Güney/Şerif Gören, 111 Min., DCP, in türkisch-kurdischer Sprache mit deutschen Untertiteln

Im Mittelpunkt stehen die Geschichten von sechs kurdischen Gefangenen in der Türkei, die trotz verschärfter Haftbedingungen
nach dem Militärputsch von 1980 einen einwöchigen Hafturlaub gewährt bekommen. Sie machen sich auf den beschwerlichen Weg in ihre Heimatdörfer, wo sie von ihren persönlichen Angelegenheiten und den patriarchalischen Moralvorstellungen eingeholt werden.

YOL entstand unter der Regie von Şerif Gören nach einem Drehbuch und genauen Anweisungen von Yılmaz Güney, der damals im Gefängnis saß. Nach seiner Flucht aus der Türkei stellte Güney den Film 1982 im schweizerisch-französischen Asyl unter enormen Zeitdruck fertig, da er in Cannes gezeigt werden sollte, wo er die Goldene Palme und den FIPRECSI-Kritikerpreis gewann.

Wir zeigen das Meisterwerk der türkisch-kurdischen Filmgeschichte in kompletter und restaurierter Form, die dem originalen Schnittplan von Yılmaz Güney entspricht.
▾ ▸ Samstag, 14. Mai 2022, 20 Uhr, Filmforum im Museum Ludwig: James W. Horne/Buster Keaton, „College“
„College“
USA 1927, Regie: James W. Horne/Buster Keaton, 62 Min., 16 mm, Stummfilm

Der Musterschüler Ronald hält zum Schulabschluss eine flammende Rede für die geistige Ertüchtigung und gegen den dümmlichen Sport. Damit erntet er das Missfallen seiner angebeteten Mary, der beliebtesten Schülerin. Um ihr zu imponieren, schreibt sich Ronald wie sie am Sportcollege ein und scheitert natürlich in allen Disziplinen. Mit Nebenjobs will er das teure Studium finanzieren, doch auch hier hat er kein glückliches Händchen. Durch einen Zufall wird Ronald kurzerhand als Steuermann des Ruderteams eingesetzt und führt seine Mannschaft trotz einiger Missgeschicke zum Sieg. Als er schließlich seine Verehrte aus den Armen eines aufdringlichen Nebenbuhlers befreit, steht einer Hochzeit nichts mehr im Weg.

Buster Keaton fasziniert auch in „College“ mit seiner akrobatischen Körperbeherrschung, die er seit jüngster Kindheit auf der Bühne trainiert hat. Sein Markenzeichen, die unerschütterlich stoische Miene, unterstreicht den klugen Humor dieser Komödie, bei der man auch Tränen lachen kann.

Die Vorführung wird vom Stummfilmpianisten Wilfried Kaets begleitet.
▾ ▸ Donnerstag, 09. Juni 2022, 20 Uhr, Traumathek: David Lean, „Brief Encounter“
„Brief Encounter“
Großbritannien 1945, Regie: David Lean, 86 Min., 16 mm, Original mit deutschen Untertiteln

Die erste Begegnung ist zufällig und kurz, doch löst sie tiefe Emotionen aus. Nach ihren wöchentlichen Erledigungen und Zeitvertreib in der Stadt trifft die verheiratete Hausfrau Laura in einem Bahnhofscafé auf den Mediziner Alec. Bevor er den Zug in die entgegengesetzte Richtung nimmt, ringt er Laura das Versprechen zu einem Wiedersehen ab. In nur wenigen Wochen entwickelt sich eine verhaltene Liebesgeschichte, die an den gesellschaftlichen Konventionen scheitern muss. Zu groß sind die Schuld- und Pflichtgefühle gegenüber den Lebenspartnern, die Angst, von Bekannten gesehen zu werden.

David Lean schildert den Konflikt der Protagonisten und ihre Erkenntnis, die große Liebe zu spät getroffen zu haben, in spannungsvoller Weise. Im Gegensatz zur chronologischen Erzählung des zugrundeliegenden Bühnenstücks von Noël Coward, wählt er die Rückblende, um die Aussichtslosigkeit der Beziehung melodramatisch zu inszenieren.

Die Dreharbeiten fanden im Frühjahr 1945 an einem abgelegenen Bahnhof in Lancashire statt, der als Ziel eines deutschen Luftangriffes eher unwahrscheinlich war.
▾ ▸ Samstag, 18. Juni 2022, 20 Uhr, Filmforum im Museum Ludwig: Henri-Georges Clouzot, „Lohn der Angst“
„Lohn der Angst“
Frankreich, Italien 1953, Regie: Henri-Georges Clouzot, 148 Min., 16 mm, deutsche Fassung

Las Piedras in Venezuela ist ein Ort fernab jeglicher Hoffnung. Eine Ölgesellschaft ist der einzige Arbeitgeber am Ort, doch die Jobs sind rar gesät, vor allem für die hier Gestrandeten aus aller Herren Länder. Eines Tages eröffnet sich ihnen eine große Chance, denn eine 500 Kilometer entfernte Ölquelle steht in Flammen. Mit einer Ladung Nitroglyzerin könnte das Feuer gelöscht werden. Das Problem ist nur, dass der hoch explosive Sprengstoff mit zwei Lastwagen zum Ort des Brandes gefahren werden muss. Viele melden sich freiwillig, vier werden ausgewählt: der Korse Mario, der Italiener Luigi, Bimba, ein Deutscher, der den Arbeitslagern der Nazis entkommen konnte und Jo, der Älteste von ihnen. Das Risiko, unterwegs in die Luft zu fliegen, ist jedoch größer als die Chance, das Ziel zu erreichen – ein wahres Himmelfahrtskommando, bei dem Mut und Angst unweigerlich Passagiere sind.

Ohne jegliche Tricks und Spezialeffekte drehte Henri-Georges Clouzot einen frühen Klassiker des Actionfilms, der weit über das Genre hinausreicht und sich zugleich als sozialkritisch erweist.
▾ ▸ Samstag, 16. Juli 2022, 20 Uhr, Filmforum im Museum Ludwig: Robert Bresson, „Tagebuch eines Landpfarrers“
„Tagebuch eines Landpfarrers“
Frankreich 1951, Regie: Robert Bresson, 115 Min., 16 mm, deutsche Fassung

Ein junger kränklicher Pfarrer tritt seinen Dienst in einer armen nordfranzösischen Landgemeinde an. Er ist fest entschlossen, die Bewohner zu ihrem Glauben zurückzuführen. Doch die Bauern und auch die ansässige gräfliche Familie begegnen dem Geistlichen mit Misstrauen und Feindseligkeit. Zudem wird der junge Pfarrer immer wieder von unerträglichen Schmerzen gequält, die scheinbar von seiner asketischen Ernährung rühren. Voller Furcht und Selbstzweifel flüchtet er sich in die Niederschrift seines Tagebuchs, in dem er seine Gedanken und Betrachtungen notiert.

Dieser Text, der auf dem gleichnamigen Roman von Georges Bernanos basiert, dominiert als Voice-over den sparsam inszenierten Film. Bresson fand hier zu seinem einzigartigen Stil, durch eine distanzierte Betrachtung und das Mittel der Repetition Emotionen und Empathie beim Zuschauer zu schüren.

„Tagebuch eines Landpfarrers“ erhielt 1951 den Großen Preis der Jury auf den Filmfestspielen in Venedig.
▾ ▸ Samstag, 13. August 2022, 20 Uhr, Filmforum im Museum Ludwig: Roberto Rossellini, „Rom, offene Stadt“
„Rom, offene Stadt“
Italien 1945, Regie: Roberto Rossellini, 93 Min., 16 mm, deutsche Fassung

Rom im Jahr 1944: Das faschistische Italien ist von der deutschen Wehrmacht besetzt, nachdem Italien das Achsenbündnis mit Deutschland aufgekündigt hat. Rom, eigentlich entmilitarisierte „offene Stadt“, steht unter dem Terror der SS. Doch bilden sich diverse Partisanengruppen, die gegen die Besetzung und auch den italienischen Faschismus Widerstand leisten. Der kommunistische Ingenieur Giorgio Manfredi, Don Pietro, ein katholischer Priester, der Drucker Francesco und seine schwangere Freundin Pina kämpfen im Untergrund. Als Giorgio und Don Pietro in Gefangenschaft geraten, gelingt es allerdings Gestapochef Major Bergmann auch mit schlimmster Folter nicht, seine Gegenspieler zum Verrat ihrer Organisation zu bewegen.

Unmittelbar nach Abzug der Deutschen begann Rossellini mit den Dreharbeiten, bei denen das vom Krieg geprägte Rom mit seinen Ruinen und Menschenschlangen vor den Lebensmittelläden die perfekte Kulisse bildete. Er verknüpfte dokumentarische Begebenheiten mit Fiktionalem zu einer Geschichte, die zu Recht als Klassiker des italienischen Neorealismus gilt.
▾ ▸ Samstag, 10. September 2022, 20 Uhr, Filmforum im Museum Ludwig: Mehdi Charef, „Tee im Harem des Archimedes“
„Tee im Harem des Archimedes“
Frankreich 1985, Regie: Mehdi Charef, 105 Min., 16 mm, deutsche Fassung

In den trostlosen Banlieus von Paris vertreiben sich der Franzose Pat und der Algerier Madjid mit Diebstahl und Dealerei ihre Zeit. Arbeitslos und ohne Schulabschluss haben sie kaum eine Chance auf Weiterbildung und Integration. Pat hat ohnehin kein Interesse, und Madjid scheitert bei der Ausbildungssuche an der Forderung, vor einer Stellenvermittlung die französische Staatsbürgerschaft anzunehmen. Er kann zwar mit den Traditionen seiner Heimat nichts mehr anfangen, findet aber auch in Frankreich nicht seine Identität. Bei aller Orientierungslosigkeit in ihrem sozialen Umfeld bleibt den beiden ihre Freundschaft.

Voll bitterem Humor verfilmte Romanautor Mehdi Charef sein eigenes, autobiografisch geprägtes Buch vornehmlich mit Laiendarstellern und gewann beim Filmfestival in Cannes 1985 den „Preis des jungen französischen Kinos“. Im selben Jahr erhielt er zudem den wichtigsten französischen Preis des Independent-Kinos, den Jean-Vigo-Preis. Bis heute wirkt Charefs Momentaufnahme des Lebensgefühls seiner Generation hochaktuell und brisant.
▾ ▸ Donnerstag, 22. September 2022, 20 Uhr, Traumathek: Susumu Hani, „Sie und Er“
„Sie und Er“
Japan 1963, Regie: Susumu Hani, 110 Min., 16 mm, deutsche Fassung

In einem Vorort von Tokio lebt Naoko Ishikawa mit ihrem Mann Eiichi in einem großen modernen Wohnhaus. Eines Nachts wird sie von einem Feuer geweckt, das die Baracken in der Nähe ihres Hauses verwüstet. Dort leben Menschen in großer Armut, ganz im Gegensatz zu ihrem eigenen Komfort. Naoko ist besorgt und fasziniert zugleich. Mehr und mehr fühlt sie sich hingezogen zu dem Lumpensammler Ikona, der unten in einer Blechhütte mit seiner blinden Tochter und einem Hund lebt und trotz der Lebensumstände seine kindlichen Launen und ein permanentes Lächeln behalten hat.

Susumu Hani, der zu den wichtigsten Vertretern der „japanischen Nouvelle Vague“ zählt, zeichnet ein ungeschöntes Bild vom Japan der Nachkriegszeit, in dem alles möglich zu sein scheint, vor allem, wenn man einen Universitätsabschluss hat. Doch diese Überzeugung gerät ins Wanken, denn Ikona war ehemals ein Kollege von Eiichi. Gleichzeitig führt die Erkenntnis der jungen Frau, mit ihrem Mann nur durch die starren Bande der Konventionen vereint zu sein, zu einem unbestimmten Gefühl des Unbehagens, das aber von dem dezenten Humor des Films ausgeglichen wird.
▾ ▸ Samstag, 01. Oktober 2022, 20 Uhr, Filmforum im Museum Ludwig: Orson Welles, „Citizen Kane“
„Citizen Kane“
USA 1941, Regie: Orson Welles, 119 Min., 16 mm, deutsche Fassung

In seinem Debütfilm beschäftigt sich Orson Welles mit dem Mythos des amerikanischen Traums. Die Lebensgeschichte des aus ärmlichen Verhältnissen stammenden Zeitungs- und Medienmoguls Charles Foster Kane soll nach dessen Tod in einer Wochenschau auf die Leinwand gebracht werden. Macht und Erfolg haben ihn jedoch nicht glücklich gemacht, und so sucht der Reporter Thompson einen Schlüssel zu Kanes Charakter und Persönlichkeit, den er hinter dem letzten Wort auf dem Sterbebett vermutet: Rosebud. Aus der Befragung unterschiedlichster Weggefährten und Partner*innen Kanes ergibt sich die revolutionäre Erzählweise des Films, ständig von einer Zeitebene in die nächste zu wechseln.

Durch Rückblenden verwebt Welles Vergangenheit und Gegenwart und beleuchtet die Person Kane aus verschiedenen Perspektiven, die dem Zuschauer die psychologische Deutung überlassen. Bemerkenswert ist, dass Orson Welles selbst die Hauptfigur Kane spielte und für sein Erscheinungsbild über den Zeitraum von 40 Jahren hinweg vor dem Dreh meist mehrere Stunden in der Maske verbrachte.
▾ ▸ Donnerstag, 20. Oktober 2022, 20 Uhr, Traumathek: André Cayatte, „Wir sind alle Mörder“
„Wir sind alle Mörder“
Frankreich, Italien 1952, Regie: André Cayatte, 116 Min., 16 mm, deutsche Fassung

Während der deutschen Besatzungszeit heuert die französische Widerstandsbewegung den jungen Kleinkriminellen René Le Guen zum Morden an. Abgestumpft tötet er nach Kriegsende wie im Blutrausch weiter, kommt vor Gericht und wird zum Tode verurteilt. Sein Verteidiger Philippe Arnaud versucht mit allen Mitteln, die Begnadigung zu erwirken, denn er sieht den Beschuldigten als Opfer seiner Zeit.

Der Regisseur und ehemalige Anwalt André Cayatte befasste sich in seinen Filmen der frühen 50er Jahre mit verschiedenen Aspekten des französischen Justizsystems. Dabei griff er auf authentische Fälle in den Gerichtsakten zurück. „Wir sind alle Mörder“ ist ein Plädoyer für die Abschaffung der Todesstrafe, die er in der modernen Gesellschaft und Justiz als nicht haltbar ansah. Dabei baute er auch auf die Sensibilisierung des Publikums, das mit ansehen muss, wie die Insassen der Todeszelle einer nach dem anderen des Nachts von den Gefängniswächtern aus dem Schlaf gerissen und zur Exekution gebracht werden.

Der Film erhielt 1952 bei den Filmfestspielen von Cannes den Spezialpreis der Jury.
▾ ▸ Samstag, 12. November 2022, 20 Uhr, Filmforum im Museum Ludwig: Luis Buñuel, „Viridiana“
„Viridiana“
Spanien, Frankreich 1961, Regie: Luis Buñuel, 90 Min., 35 mm, deutsche Fassung

Der Film erzählt die Geschichte der frommen Novizin Viridiana, die ihr Leben in den Dienst Gottes stellen will. Bevor sie jedoch die Weihen erhält, besucht sie ihren Onkel Don Jaime, der sie finanziell unterstützt hat. Nach einem Vergewaltigungsversuch erhängt sich Don Jaime. Viridiana fühlt sich schuldig am Selbstmord ihres Onkels und kehrt nicht ins Kloster zurück. Getreu ihren christlichen Prinzipien widmet sie sich auf dem geerbten Landgut Obdachlosen und Bettlern, in der Hoffnung, diese zu einem besseren Leben zu bekehren. Don Jaimes unehelicher Sohn Jorge beginnt derweil, das Anwesen zu modernisieren.

Das Scheitern Viridianas und ihrer weltfremden Ideale gipfelt in einer maßlosen Orgie, die die heuchlerischen Bedürftigen bei erstbester Gelegenheit im prunkvollen Herrenhaus unter den Klängen sakraler Musik feiern. Solch provokante Szenen mit Anspielungen auf die katholische Moral und die Zurschaustellung von Sexualität führten in Spanien zum Aufführungsverbot des Films, der zuvor trotz offizieller Proteste des Vatikans die Goldene Palme in Cannes gewann.
▾ ▸ Donnerstag, 08. Dezember 2022, 20 Uhr, Traumathek: Slatan Dudow, „Kuhle Wampe oder: Wem gehört die Welt“
„Kuhle Wampe oder: Wem gehört die Welt“
Deutschland 1932, Regie: Slatan Dudow, 76 Min., 16 mm

Berlin, Anfang der 30er Jahre: Armut, Hunger und soziale Missstände bestimmen das Leben der Arbeiterklasse. Massen an Menschen sind erfolglos auf der Suche nach Arbeit. Unter ihnen der junge Bönike, der sich zu Hause floskelhaften Vorhaltungen seiner ebenfalls arbeitslosen Eltern ausgesetzt sieht. Wortlos stürzt er sich aus dem Fenster, nicht ohne vorher seine Armbanduhr abgelegt zu haben. Als die Familie ihre Mietschulden nicht mehr begleichen kann und aus der Wohnung vertrieben wird, zieht sie zu Tochter Annis Freund Fritz in die Gartenkolonie „Kuhle Wampe“ im Osten der Stadt. Doch die Idylle der Natur am See, die im krassen Gegensatz zu den düsteren Mietskasernen und qualmenden Fabrikschornsteinen der Stadt steht, kann nicht über das Elend hinwegtäuschen. Anni wird ungewollt schwanger und überwirft sich mit Fritz, der die Verlobung eigentlich nicht will. Sie zieht zurück nach Berlin und schließt sich der Arbeiterbewegung an.

Bertolt Brecht und Regisseur Slatan Dudow skizzieren die Lebensumstände der unteren Gesellschaftsschichten mit einer agitatorischen Montage aus dokumentarischen Szenen und fiktiver Handlung, die durch die Filmmusik Hanns Eislers eindringlich interpretiert wird.
▾ ▸ Samstag, 17. Dezember 2022, 20 Uhr, Filmforum im Museum Ludwig: Erich von Stroheim, „Greed“
„Greed“
USA 1924, Regie: Erich von Stroheim, 140 Min., 16 mm, Stummfilm

McTeague arbeitet in San Francisco als Zahnarzt ohne Zulassung, denn sein Handwerk hat der ehemalige Bergarbeiter bei einem Bader auf Wanderschaft gelernt. Durch seinen Freund Marcus lernt er dessen Verlobte Trina kennen und verliebt sich in sie. Großzügig verzichtet Marcus auf Trina. Doch spätestens nach Trinas Lotteriegewinn über 5000 Dollar wächst seine Eifersucht einerseits und Trinas krankhafter Geiz andererseits, die alle drei in gegenseitig vernichtenden Hass und Verderben treiben.

„Greed“ ist ein komplexes mythologisiertes Drama von der Gier nach Geld und Gold und basiert auf dem Roman „McTeague“des amerikanischen Naturalisten Frank Norris. Von Stroheim wollte die breit gefächerte Charakterisierung der Personen und Handlung auf den Film übertragen und schuf ein realistisches Gemälde des Kleinbürgertums und den Verfall ins Elend in einer Originalfassung von fünf Stunden. Produzenten und Verleiher zwangen ihn wie bei seinen anderen Filmen zu massiven Kürzungen. Die heutige Fassung lässt dennoch ahnen, mit welcher Sorgfalt und genauen Beobachtung der detailbesessene Regisseur gearbeitet hat. Selbst die Schlussszene drehte er bei über 50 Grad im Death Valley Kaliforniens.

Die Vorführung wird vom Stummfilmpianisten Wilfried Kaets begleitet.


Programmänderungen vorbehalten.

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Das Programm wird gefördert vom Kulturamt der Stadt Köln, dem wir danken.


Gefördert durch: Stadt Köln, Kulturamt